Montag, 10. Dezember 2007

Literatur zur Metaphysik des Aristoteles

1. Textausgaben:

Szlezák, T. A., Aristoteles, Metaphysik, übers. u. eingeleitet, Berlin 2003.

Wolf, U. (Hrsg.), Aristoteles, Metaphysik, übers. von H. Bonitz, Hamburg 1994.

2. Sekundärliteratur:

Barnes, J., “Metaphysics”, in: ders. (Hrsg.), The Cambridge Companion to Aristotle, Cambridge 1995, S. 66-108. [Guter, basaler Überblicksartikel über das aristotelische Projekt in der Metaphysik.]

Buchheim, T., Aristoteles, Freiburg 1999, insbesondere Kap. III.2, S. 78-99. [Eine für Anfänger geeignete, knappe und gut verständliche Einführung in die aristotelische Philosophie im Allgemeinen. Mit einigen ausgewählten Tipps zu Textausgaben und Literatur zum Weiterlesen.]

Ferejohn, M.T., “Aristotle on Focal Meaning and the Unity of Science”, in: Phronesis 25 (1980), S. 117-128. [Pflichtlektüre. PDF]

Grice, H. P., 1988. “Aristotle on the Multiplicity of Being”, in: Pacific Philosophical Quarterly 69 (1988), S. 175-200.

Hintikka, K.J., „Aristotle and the Ambiguity of Ambiguity“, in: ders., Time and Necessity, Kap.1, Oxford 1973.

Irwin, T. H., “Homonymy in Aristotle”, in: Review of Metaphysics 34 (1981), S. 523-544. [zu Aristoteles‘ Äußerungen über Homonymie v.a. in den logischen Schriften]

Kung, Joan, “Aristotle on ‘Being is Said in Many Ways’ ”, in: History of Philosophy Quarterly 3 (1986), S. 3-18.

Owen, G.E.L. , „Logic and Metaphysics in Some Earlier Works of Aristotle“, in: I. Düring, G.E.L. Owen (Hrsg.), Aristotle and Plato in the Mid-Fourth Century, Göteborg 1960. [Wichtiger Aufsatz, der den Begriff ‚focal meaning‘ prägt. Es wird ausgehend von Passagen aus der Eudemischen Ethik eine Entwicklung im Denken des Aristoteles aufgezeigt, die in seinen Aussagen in der Nikomachischen Ethik I,6 und der Metaphysik IV,2 gipfelt. In dieser Entwicklung spiegelt sich Aristoteles‘ Haltung zur Platonischen Philosophie.]

Owen, G. E. L., “Aristotle on the Snares of Ontology”, in: R. Bambrough (Hrsg.), New Essays on Plato and Aristotle, London (1965), S. 69-95.

Pena, Lorenzo, “The Coexistence of Contradictory Properties in the Same Subject According to Aristotle”, in: Apeiron 32 (1999), S. 203-229.

Sonntag, 9. Dezember 2007

Phaidon: Das Argument der Unsterblichkeit der Seele

Mit diesen begrifflichen Unterscheidungen lässt sich nun das letzte Argument der Unsterblichkeit der Seele im Phaidon leicht nachvollziehen. Es wird angenommen, dass Leben eine essentielle Eigenschaft der Seele ist. Die Seele ist nun Ursache für das Lebendigsein des Körpers. Verlässt sie diesen, stirbt der Körper, die Seele bleibt jedoch am Leben, da nichts eine essentielle Eigenschaft verlieren kann ohne selbst dabei zugrunde zu gehen. Damit ist gezeigt, dass die Seele unsterblich ist. Der letzte Schritt des Arguments bestünde darin zu zeigen, dass die Seele nicht zugrunde geht, also nicht nur unsterblich, sondern auch unvergänglich ist. Dies wird allerdings nicht mehr bewiesen, sondern lediglich als plausibel angenommen: „Denn es könnte sich kaum irgend etwas dem Untergang entziehen, wenn auch das Unsterbliche und immer Seiende den Untergang annähme. [...] die Idee des Lebens selbst wird wohl, wenn überhaupt etwas unsterblich ist, von jedem eingestanden werden, das es niemals untergehe.“ (106d) Somit bleibt das Argument letztlich unvollendet.

Phaidon: Von Formen als Ursachen zu Dingen als Ursachen

Was die Formen als Ursachen auszeichnet, ist, dass sie anders als die wahrnehmbaren Dinge keine gegensätzlichen oder wechselnden Eigenschaften haben. Somit sind sie im höchsten Sinne erkennbar. Die wahrnehmbaren Dinge können an gegensätzlichen Formen teilhaben.Wenn etwa ein warmer Körper kalt wird, flieht das Warme in ihm. Die Eigenschaft des Warmen in ihm kann aber genau wie die Form des Warmen niemals kalt werden. Nun gibt es aber bestimmte Eigenschaften, die auch ein Ding nicht verlieren kann, ohne selbst zugrunde zu gehen. Diese Eigenschaften heißen essentielle oder definierende Eigenschaften. Feuer kann niemals kalt werden. Ein Ding mit der essentiellen Eigenschaft kann nun auch in etwas anderem bewirken, dass dieses die Eigenschaft F annimmt (z.B.: Das Feuer bewirkt, dass der Stein warm wird).

Die zweitbeste Fahrt im Phaidon: Formen als Ursachen

Da wir meist nicht erkennen können, was das Beste für etwas ist (denn die Erkenntnis des Guten ist die höchste Erkenntnis überhaupt und allenfalls nach jahrzehntelanger philosophischer Übung erreichbar), müssen wir mit einer anderen Art von Erklärung vorlieb nehmen. Nun wird auch präzisiert, was eigentlich genau erklärt werden soll: Die Erklärung soll angeben, wodurch etwas dieses Bestimmte ist. Sokrates kommt dazu auf das Prinzip, dass Gleiches durch Gleiches verursacht wird, zurück, und wählt die tautologisch klingende Formulierung, dass etwas F ist aufgrund der F-heit (Vermöge des Schönen werden alle Dinge schön.). Dieses begründet er nicht weiter, sondern hält es für das Sicherste und baut auf diesem stärksten Logos das gesamte weitere Argument auf.
Handelte es sich bei der Formulierung des Sokrates wirklich um eine Tautologie, wäre sie zwar absolut sicher, sie würde allerdings kaum als Erklärung geeignet sein, da jede Erklärung doch in irgendeiner Weise informativ sein muss. Der Anschein der Tautologie verliert sich aber sofort, wenn man sich klar macht, dass Sokrates das Schöne und alle anderen Eigenschaften als selbständige Entitäten postuliert. Diesen Gegenständen kann er nun problemlos den Status von Ursachen zuschreiben.

Die Kritik Platons am Ursachebegriff seiner Vorgänger im Phaidon

Platon untersucht verschiedene vorsokratische Theorien daraufhin, was diese als Ursache für etwas anführen. Nachdem er einige ganz verschiedenartige Kandidaten wie Luft, Feuer (Materialursache) oder Fäulnis, das Warme und Kalte (Bewegungsursache) angeführt hat, fokussiert er seine Kritik auf drei Ausschlusskriterien. Danach ist eine Erklärung ist nicht zufriedenstellend, wenn sie eines der drei folgenden Kriterien erfüllt (vgl. 96e-97b sowie die klarere Zusammenfassung in 101a-c):

a) F wird von x und non x verursacht.
Beispiel: Ursache dafür, dass etwas zwei wird, ist einmal Hinzufügung und einmal Spaltung.

b) x verursacht F und non F.
Beispiel:
Der Kopf ist einmal Ursache des größer Seins und einmal des kleiner Seins.
Die Sehnen und Knochen des Sokrates bewirken einmal seinen Verbleib im Gefängnis und einmal seine Flucht.

c) x ist non F und verursacht F.
Beispiel: Der Kopf, der doch selbst klein ist, ist Ursache des Um-einen-Kopf-größer-Seins.

Dieser Kritik liegt das Prinzip zugrunde, dass Gleiches durch Gleiches verursacht wird, bzw. dessen Umkehrung, dass Verschiedenes nicht Ursache von von Verschiedenem sein kann (vgl. Sedley (1998)).