Sonntag, 20. Januar 2008

Literatur zur Ethik der Stoa

1. Textausgaben:

Arnim, Hans von, Stoicorum Veterum Fragmenta, Leipzig, 1903- 5; vol. 4 indexes, 1924. [Fragmente nur in griechisch und latein, nicht übersetzt. Nach dieser Ausgabe wird gewöhnlich zitiert; Zitate sind aber auch nach Long/Sedley möglich.]

Inwood, B., Gerson, L., Hellenistic Philosophy, 2. Auflage, Indianapolis 1997. [This volume is cheaper than Long and Sedley, but it lacks the valuable commentary that LS provide. On the other hand, Inwood and Gerson give you more texts on Pyrrhonism.]

A. A. Long and D. N. Sedley, The Hellenistic Philosophers, 2 Bde. Cambridge 1987. Deutsche Übersetzung : Die hellenistischen Philosophen, Stuttgart 2000. [Bd.1 enthält die Fragmente in Übersetzung mit Kommentar, Bd. 2 beinhaltet die Texte in Originalsprache sowie eine ausführliche Bibliographie. Nur der erste Band ist ins Deutsche übersetzt.]

Weinkauf, W., Die Philosophie der Stoa. Ausgewählte Texte, Stuttgart 2001.

2. Sekundärliteratur:

Annas, J., The Morality of Happiness, New York/Oxford 1993.
Bees, R., Die Oikeiosislehre der Stoa, 2 Bd., Würzburg 2004. [griechische und lateinische Zitate sind nicht übersetzt]

Brennan, T., An Introduction to Stoic Ethics, Oxford (im Erscheinen) [a clear and thought-provoking discussion]

Long, A. A., “The harmonics of Stoic virtue”, in: Oxford Studies in Ancient Philosophy, supl. vol. 1991, S. 77-101. Nachdruck in: A.A. Long, Stoic Studies, Cambridge 1996, S. 202-223.
Schofield, M., “Stoic Ethics”, in: Inwood, B., The Cambridge Companion to the Stoics, Cambridge 2003, S. 233-256.

Schofield, M., Striker, G. (Hrsg.), The Norms of Nature, Cambridge 1986.

Striker, G., “The Role of Oikeiosis in Stoic Ethics”, in: Oxford Studies in Ancient Philosophy I (1983), S. 145-167. Nachdruck in: G. Striker, Essays on Hellenistic Epistemology and Ethics, Cambridge 1996, S. 281-297. [Pflichtlektüre. PDF1; PDF2]

Samstag, 12. Januar 2008

Aristoteles - Der Zusammenhang des Seienden

Wie kann man sich aber dem umfangreichen Projekt nähern, Prinzipien und Ursachen des Seienden als solchem zu finden? Was haben die verschiedenen seienden Dinge eigentlich gemeinsam? Offenbar ist Sein keine Eigenschaft wie etwa Röte, die einem Ding noch zusätzlich zu allen anderen Eigenschaften, die es besitzt, zukommt. Wäre dies so, könnte man nämlich nie darüber streiten, ob es ein so und so beschaffenes Ding (z.B. hundert Taler) wirklich gibt oder nicht (d.h. ob ein Begriff erfüllt ist), da es sich bei beiden um verschiedene Dinge mit verschiedenen Eigenschaften handelte. Kant hat diesen Sachverhalt in die These gegossen, dass Sein kein reales Prädikat ist. Die Antwort, die man bei Aristoteles finden kann, ist, dass zu sein heißt, einer Natur anzugehören. So sagt er: „Da wir aber die Prinzipien und die äußersten Ursachen suchen, ist klar, dass sie notwendig die von einer gewissen Natur an sich sein müssen.“ (1003a 26-28) Man kann generell zwei Begriffe von Natur unterscheiden, einen relativen (die Natur eines Sache, die bei jedem eine andere ist) und einen absoluten (die Natur aller Dinge, der Kosmos). Aristoteles scheint hier Natur in absoluter Bedeutung zu verwenden im Sinne eines geordneten, durch bestimmte Gesetze geregelten Ganzen. Danach hieße es für etwas zu existieren eben in diesem Ganzen seinen Platz zu haben und mit anderen seienden Dingen in einem Zusammenhang zu stehen. Eine solche Vorstellung ist auch bei vielen Vorsokratikern zu finden, die den Kosmos ja als ein solches Ordnungsgefüge betrachten und oft dem Ungeordneten und Regellosen entgegensetzen wie etwa Anaximander, der letzteres das apeiron nennt. Auch Parmenides betont in seinem Fragment B4 den durchgängigen Zusammenhang dessen, was seiend ist: „Entdecke durch Denken (nous) das, was fort ist, dennoch als sicher daseiend. Denn es wird das Seiende nicht abschneiden vom Zusammenhalten mit Seiendem, weder wo es überallhin zerstreut ist über den Kosmos, noch wo es zusammentritt“ (DK 28 B4). Aristoteles stellt sich auch sogleich in die Tradition der frühen Naturphilosophen, wenn er sich auf „diejenigen, die die Elemente der daseienden Dinge suchen“ (1003a 28/29), beruft. Sie hätten nämlich ebenfalls nach Metaphysik betrieben, indem sie nach Prinzipien und Ursachen des Seienden, insofern es ist, suchten. Nur glaubt Aristoteles, dass es falsch ist, die ersten Prinzipien in den Elementen der Dinge zu suchen.

Aristoteles - Wozu Metaphysik?

In Met. IV, 1 begründet Aristoteles, weshalb die Metaphysik eine selbständige Wissenschaft ist und nicht mit der Summe der Einzelwissenschaften identisch ist. Sie hat mit allen anderen Wissenschaften gemeinsam, dass sie Seiendes untersucht, denn wie schon Parmenides herausgestellt hat, ist Wissenschaft nur möglich, wo ein Gegenstand existiert, über den man etwas herausfinden kann. Der Seinskuchen ist nun jedoch schon auf die Einzelwissenschaften verteilt, sodass jede ihr Stück abbekommen hat, nur für die Metaphysik ist keines übrig geblieben. Daher betrachtet sie noch einmal den Kuchen als ganzen, aber kann sie irgendetwas leisten, ist nun die Frage, was nicht schon in den Zuständigkeitsbereich einer der vielen Einzelwissenschaften fällt?
Jede Wissenschaft ist dadurch bestimmt, dass sie erstens einen bestimmten Gegenstand besitzt und zweitens diesen unter einer bestimmten Hinsicht untersucht. Die Addition der Gegenstände aller Einzelwissenschaften ergibt nun tatsächlich die Gesamtheit der seienden Dinge (sieht man einmal ab von der Möglichkeit, dass neue Arten von Gegenständen entdeckt werden, was auch gleich zur Begründung einer neuen Wissenschaft führt). Wäre eine Wissenschaft allein durch ihren Gegenstand definiert, bliebe also wirklich kein Platz für die Metaphysik. Es gibt aber auch noch die Hinsichtnahme, und da keine andere Wissenschaft die seienden Dinge, insofern sie seiend sind, betrachtet, gibt es also doch noch eine Aufgabe für die Metaphysik. Diese Aufgabe ist sogar von besonderer Wichtigkeit, weil das Ergebnis für alle anderen Wissenschaften relevant ist, müssen diese doch die Existenz ihrer Gegenstände voraussetzen, ohne sie begreifen zu können.

Samstag, 5. Januar 2008

Literatur zur Nikomachischen Ethik

1. Textausgaben:

Rowe, Christopher, Aristotle: Nicomachean Ethics, (with philosophical introduction and commentary by Sarah Broadie), Oxford 2002.

Wolf, Ursula, Aristoteles: Nikomachische Ethik,Reinbeck 2006

2. Sekundärliteratur:

Broadie, S.: Ethics with Aristotle, NY, Oxford 1991.

Höffe, O. (Hg.): Aristoteles. Nikomachische Ethik (Klassiker auslegen), Berlin 1995.

Korsgaard, Christine, „Aristotle on Function and Virtue”, in: History of Philosophy Quarterly 3 (1986), S. 259-279. [Pflichtlektüre. PDF]

Kraut, Richard, „The Function of the Function Argument”, in: Ancient Philosophy 21 (2001), S. 445-475.

MacDonald, Scott, „Aristotle and the Homonymy of the Good”, in: Archiv für Geschichte der Philosophie 71 (1989), S. 150-174.

Montag, 10. Dezember 2007

Literatur zur Metaphysik des Aristoteles

1. Textausgaben:

Szlezák, T. A., Aristoteles, Metaphysik, übers. u. eingeleitet, Berlin 2003.

Wolf, U. (Hrsg.), Aristoteles, Metaphysik, übers. von H. Bonitz, Hamburg 1994.

2. Sekundärliteratur:

Barnes, J., “Metaphysics”, in: ders. (Hrsg.), The Cambridge Companion to Aristotle, Cambridge 1995, S. 66-108. [Guter, basaler Überblicksartikel über das aristotelische Projekt in der Metaphysik.]

Buchheim, T., Aristoteles, Freiburg 1999, insbesondere Kap. III.2, S. 78-99. [Eine für Anfänger geeignete, knappe und gut verständliche Einführung in die aristotelische Philosophie im Allgemeinen. Mit einigen ausgewählten Tipps zu Textausgaben und Literatur zum Weiterlesen.]

Ferejohn, M.T., “Aristotle on Focal Meaning and the Unity of Science”, in: Phronesis 25 (1980), S. 117-128. [Pflichtlektüre. PDF]

Grice, H. P., 1988. “Aristotle on the Multiplicity of Being”, in: Pacific Philosophical Quarterly 69 (1988), S. 175-200.

Hintikka, K.J., „Aristotle and the Ambiguity of Ambiguity“, in: ders., Time and Necessity, Kap.1, Oxford 1973.

Irwin, T. H., “Homonymy in Aristotle”, in: Review of Metaphysics 34 (1981), S. 523-544. [zu Aristoteles‘ Äußerungen über Homonymie v.a. in den logischen Schriften]

Kung, Joan, “Aristotle on ‘Being is Said in Many Ways’ ”, in: History of Philosophy Quarterly 3 (1986), S. 3-18.

Owen, G.E.L. , „Logic and Metaphysics in Some Earlier Works of Aristotle“, in: I. Düring, G.E.L. Owen (Hrsg.), Aristotle and Plato in the Mid-Fourth Century, Göteborg 1960. [Wichtiger Aufsatz, der den Begriff ‚focal meaning‘ prägt. Es wird ausgehend von Passagen aus der Eudemischen Ethik eine Entwicklung im Denken des Aristoteles aufgezeigt, die in seinen Aussagen in der Nikomachischen Ethik I,6 und der Metaphysik IV,2 gipfelt. In dieser Entwicklung spiegelt sich Aristoteles‘ Haltung zur Platonischen Philosophie.]

Owen, G. E. L., “Aristotle on the Snares of Ontology”, in: R. Bambrough (Hrsg.), New Essays on Plato and Aristotle, London (1965), S. 69-95.

Pena, Lorenzo, “The Coexistence of Contradictory Properties in the Same Subject According to Aristotle”, in: Apeiron 32 (1999), S. 203-229.

Sonntag, 9. Dezember 2007

Phaidon: Das Argument der Unsterblichkeit der Seele

Mit diesen begrifflichen Unterscheidungen lässt sich nun das letzte Argument der Unsterblichkeit der Seele im Phaidon leicht nachvollziehen. Es wird angenommen, dass Leben eine essentielle Eigenschaft der Seele ist. Die Seele ist nun Ursache für das Lebendigsein des Körpers. Verlässt sie diesen, stirbt der Körper, die Seele bleibt jedoch am Leben, da nichts eine essentielle Eigenschaft verlieren kann ohne selbst dabei zugrunde zu gehen. Damit ist gezeigt, dass die Seele unsterblich ist. Der letzte Schritt des Arguments bestünde darin zu zeigen, dass die Seele nicht zugrunde geht, also nicht nur unsterblich, sondern auch unvergänglich ist. Dies wird allerdings nicht mehr bewiesen, sondern lediglich als plausibel angenommen: „Denn es könnte sich kaum irgend etwas dem Untergang entziehen, wenn auch das Unsterbliche und immer Seiende den Untergang annähme. [...] die Idee des Lebens selbst wird wohl, wenn überhaupt etwas unsterblich ist, von jedem eingestanden werden, das es niemals untergehe.“ (106d) Somit bleibt das Argument letztlich unvollendet.

Phaidon: Von Formen als Ursachen zu Dingen als Ursachen

Was die Formen als Ursachen auszeichnet, ist, dass sie anders als die wahrnehmbaren Dinge keine gegensätzlichen oder wechselnden Eigenschaften haben. Somit sind sie im höchsten Sinne erkennbar. Die wahrnehmbaren Dinge können an gegensätzlichen Formen teilhaben.Wenn etwa ein warmer Körper kalt wird, flieht das Warme in ihm. Die Eigenschaft des Warmen in ihm kann aber genau wie die Form des Warmen niemals kalt werden. Nun gibt es aber bestimmte Eigenschaften, die auch ein Ding nicht verlieren kann, ohne selbst zugrunde zu gehen. Diese Eigenschaften heißen essentielle oder definierende Eigenschaften. Feuer kann niemals kalt werden. Ein Ding mit der essentiellen Eigenschaft kann nun auch in etwas anderem bewirken, dass dieses die Eigenschaft F annimmt (z.B.: Das Feuer bewirkt, dass der Stein warm wird).