Samstag, 12. Januar 2008

Aristoteles - Wozu Metaphysik?

In Met. IV, 1 begründet Aristoteles, weshalb die Metaphysik eine selbständige Wissenschaft ist und nicht mit der Summe der Einzelwissenschaften identisch ist. Sie hat mit allen anderen Wissenschaften gemeinsam, dass sie Seiendes untersucht, denn wie schon Parmenides herausgestellt hat, ist Wissenschaft nur möglich, wo ein Gegenstand existiert, über den man etwas herausfinden kann. Der Seinskuchen ist nun jedoch schon auf die Einzelwissenschaften verteilt, sodass jede ihr Stück abbekommen hat, nur für die Metaphysik ist keines übrig geblieben. Daher betrachtet sie noch einmal den Kuchen als ganzen, aber kann sie irgendetwas leisten, ist nun die Frage, was nicht schon in den Zuständigkeitsbereich einer der vielen Einzelwissenschaften fällt?
Jede Wissenschaft ist dadurch bestimmt, dass sie erstens einen bestimmten Gegenstand besitzt und zweitens diesen unter einer bestimmten Hinsicht untersucht. Die Addition der Gegenstände aller Einzelwissenschaften ergibt nun tatsächlich die Gesamtheit der seienden Dinge (sieht man einmal ab von der Möglichkeit, dass neue Arten von Gegenständen entdeckt werden, was auch gleich zur Begründung einer neuen Wissenschaft führt). Wäre eine Wissenschaft allein durch ihren Gegenstand definiert, bliebe also wirklich kein Platz für die Metaphysik. Es gibt aber auch noch die Hinsichtnahme, und da keine andere Wissenschaft die seienden Dinge, insofern sie seiend sind, betrachtet, gibt es also doch noch eine Aufgabe für die Metaphysik. Diese Aufgabe ist sogar von besonderer Wichtigkeit, weil das Ergebnis für alle anderen Wissenschaften relevant ist, müssen diese doch die Existenz ihrer Gegenstände voraussetzen, ohne sie begreifen zu können.

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