Freitag, 23. November 2007

Demokrit: Eine Ethik für den Einzelnen

Auch wenn man bei Demokrit eine Reihe von Motiven der klassischen Ethik erkennen kann (Sorge um die Seele, Vorherrschaft der Vernunft, Kritik übermäßiger leiblicher Genüsse), ist zu bemerken, dass Demokrit eine strikt individualistische Ethik vertritt. Es geht nicht um das Wohlergehen der Gemeinschaft, sondern um das des Einzelnen. Ebenso geht es nicht um unabhängige, unveränderliche ethische Wahrheiten. Was gut und schlecht ist, ist relativ zum Individuum und dessen physischer Verfassung. Darin gleicht er einerseits Protagoras, der ebenfalls das Maß aller Dinge im Menschen verortet, andererseits unterscheidet er sich doch erheblich von diesem, indem er in der atomaren Struktur, die das ontologische Fundament bildet, doch noch einen unabhängigen Maßstab findet jenseits der jeweiligen Erscheinung (bei Protagoras macht es streng genommen gar keinen Sinn, von einer Ontologie zu reden). Aber das Maß bleibt auch bei Demokrit die (physische) Beschaffenheit des einzelnen Individuums, die ihm eigen ist und daher keine strikt generalistischen moralischen Propositionen begründen kann.

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